Dieses Programm vereint vier Stücke, die die Vielfalt und den Reichtum der zeitgenössischen choreografischen Sprache erkunden und dem Publikum eine Reise durch unterschiedliche Perspektiven, Emotionen und einzigartige künstlerische Welten bieten.
Cada Olhar (10 Min.), eine Neuinterpretation von Desassossegos von Henrique Rodovalho, lädt das Publikum dazu ein, sich in den Blick jedes einzelnen der sieben Tänzerinnen und Tänzer zu versetzen. Das Stück rückt in den Vordergrund, wie jede Interpretin und jeder Interpret den gegenwärtigen Moment erlebt und empfindet, und schafft so ein immersives Erlebnis, bei dem unser Blick selbst Teil der choreografischen Gestaltung wird.
Le Chant du Rossignol (21 Min.) von Marco Goecke ist ein luftiges und feines Werk, inspiriert von der Leichtigkeit und der Dringlichkeit des Vogelflugs. In einem Raum, in dem Licht und Schatten flüchtige Momente zeichnen, übersetzen die Tänzerinnen und Tänzer mit ihren Körpern die zerbrechliche und zugleich kraftvolle Schönheit des Lebens.
Pause 20 Minuten
Indigo Rose (23 Min.) von Jiří Kylián erforscht die Lebendigkeit seiner Interpretinnen und Interpreten, um ein Werk zu erschaffen, das über den Übergang von der Jugend ins Erwachsenenalter und über menschliche Beziehungen reflektiert. Die Bewegungen sind gleichzeitig schnell, virtuos, artikuliert und lyrisch, und sie verweisen auf die Suche nach Perfektion, die für Kylián immer unerreichbar bleibt. Auf der Bühne spielt ein weisser Seidenvorhang mit Licht und Schatten, vervielfacht die Silhouetten der Tänzerinnen und Tänzer und verändert die Wahrnehmung des Publikums.
Umbó (23 Min.) von Leilane Teles. Die Choreografin stützt sich auf das, was sie „die Entstehung des Begehrens“ nennt: den Wunsch, zu werden, wer man sein möchte, mit Vorbildern, und darauf, wie sich dies im Körper einer jeden und eines jeden niederschlägt. Die Sängerin und Komponistin Tiganá Santana, die Sängerin Virginia Rodrigues und der Choreograf Matias Santiago haben Umbó inspiriert. Das Stück lädt das Publikum dazu ein, sowohl die Wege dieser Persönlichkeiten als auch jene der Interpretinnen und Interpreten zu betrachten.
«Als Kompanie suchen wir einen ständigen Dialog mit unserer Zeit… Wir haben unsere eigene Identität, die derjenigen von São Paulo ähnelt: vielfältig, lebendig und ständig in Bewegung.» (1)
(1) Bachtrack – Interview: Inês Bogéa über die erste UK-Tour der São Paulo Dance Company
Die Choreograf*innen
Henrique Rodovalho
Künstlerischer Leiter und Hauschoreograf der Quasar Cia. de Dança, einer der renommiertesten Kompanien Brasiliens, gründet Henrique Rodovalho seine Arbeit auf der existenziellen Komplexität von Körper und Seele. Er ist Träger zahlreicher nationaler und internationaler Auszeichnungen, darunter der Mambembe-Preis und der XXI. Preis für choreografische Komposition in Mexiko. Für die São Paulo Dance Company schuf er Inquieto (2011), Melhor Único Dia (2018) und Desassossegos (2022), neu interpretiert in Cada Olhar (2024). Zudem rekonstruierte er Só Tinha de Ser com Você (2020) und zeichnete für die Videodance Amálgama (2020) verantwortlich.
Marco Goecke
Der deutsche Choreograf Marco Goecke ist derzeit Hauschoreograf beim Nederlands Dans Theater und beim Stuttgarter Ballett. Er war zudem Ballettdirektor der Staatsoper Hannover. Autor von mehr als sechzig weltweit gezeigten Werken, erhielt er 2006 den Nijinsky-Preis. Bekannt für seine einzigartige choreografische Sprache, zählt er heute zu den international meistgefragten Choreografen. Für die São Paulo Dance Company schuf er Pássaro de Fogo (2010), Peekaboo (2013) und Le Chant du Rossignol (2023).
«Die Zutaten dieses Stücks sind: ein Gesang, ein Vogel, die Dringlichkeit zu fliegen, die Natur, die lebt und stirbt, die Zerbrechlichkeit leicht wie eine Feder… Ein Werk, das in der Luft liegt, ein Atemzug.»
— Marco Goecke über Le Chant du Rossignol
Leilane Teles
Tänzerin, Choreografin und Performerin aus Salvador (Bahia), Absolventin der FUNCEB-Tanzschule. Sie war Mitglied der Kompanien Augusto Soledade Brazzdance und Balé Jovem de Salvador (unter der Leitung von Matias Santiago), und nahm am Projekt Memórias BTCA des Ballet do Teatro Castro Alves teil. Als Artist in Residence bei der Biennale von Venedig unter der Leitung von Ismael Ivo arbeitete sie mit Choreografen wie William Forsythe und Wim Vandekeybus sowie mit Kompanien wie Rosas (Anne Teresa De Keersmaeker) und dem Stuttgarter Ballett zusammen. Als multidisziplinäre Künstlerin entwickelt sie zahlreiche Videotanzprojekte und ist ebenfalls als Sängerin, Schauspielerin und Regisseurin tätig. Für die São Paulo Dance Company kreierte sie Umbó (2021) und Autorretrato (2024).
São Paulo Dance Company
Die 2008 von der Regierung des Bundesstaates São Paulo gegründete São Paulo Dance Company gehört heute zu den anerkanntesten Kompanien Lateinamerikas. Unter der künstlerischen Leitung von Inês Bogéa – Tänzerin, Regisseurin und promovierte Kunstwissenschaftlerin – hat die Kompanie über 1’300 Vorstellungen in 22 Ländern und 180 Städten gezeigt und mehr als zwei Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer erreicht.
Ihr Repertoire vereint zeitgenössische Kreationen und bedeutende Werke des klassischen Repertoires, mit Choreografinnen wie Édouard Lock, Joëlle Bouvier, Marco Goecke, Jiří Kylián oder George Balanchine. Die SPDC zeichnet sich durch die Vitalität und Vielseitigkeit ihrer Tänzerinnen aus, die mit grosser Leichtigkeit zwischen klassischem und zeitgenössischem Ausdruck wechseln.
Neben der Produktion und Verbreitung von Aufführungen entwickelt die Kompanie auch Bildungs- und Kulturvermittlungsprogramme: Workshops, Begegnungen, soziale Initiativen sowie Erinnerungsprojekte wie Dança em Rede oder die dokumentarische Serie Figuras da Dança, gewidmet den bedeutenden Persönlichkeiten des brasilianischen Tanzes.