Wer spielt was? Wer darf was spielen? Wer erhält eine Bühne? Wessen Geschichte wird erzählt?
Immer wieder bewegen diese Fragen das Theater. Aktuell sind sie präsenter denn je: Das Spielen im Sinne der Verwandlung ist in der Krise. Inhalte, die aus einer konkreten sozialen Realität kommen, sollten von denen vertreten werden, die diese Realität kennen. Alles andere kann in diesem hochpolitisierten Moment, in dem wir leben, als Aneignung bewertet werden. Und es ist ja wirklich Zeit, andere Stimmen hörbar und neue Perspektiven sichtbar zu machen.
Aus einer Vielfalt dokumentarischer Theaterprojekte, die als Zeichen eines tiefen Umbruchs relevant und wichtig sind, formal aber oft noch nicht ganz sicher auf den Füssen stehen, sticht Eugénie Rebetez‘ «Rendez-vous» erfrischend anders heraus: Auch sie sucht die Begegnung jenseits ihrer Bühnen-Realität. Sie, die vor allem mit ihren wunderbaren One-Woman-Shows bekannt wurde, hat sich zum Rendez-vous mit Künstler:innen verabredet, welche unterschiedliche Hintergründe und Bühnenerfahrungen haben. Je nach Partner:in verläuft die Begegnung anders, in den meistens Fällen eher physisch und tänzerisch-musikalisch als mit Worten.
Das ist unglaublich fein: Die Tänzerin, die Entertainerin, das Bühnentier sucht die Begegnung in der Körperlichkeit, in der natürlichen Bühnenpräsenz ihrer Gäste. Sie lädt sie ein, passt sich an, findet sie, indem sie sich von sich selbst weg und zu ihnen hinbewegt. Ihre eigene Präsenz und ihr Charme tragen den Abend, dagegen ist kein Kraut gewachsen. Aber sie bleibt dienend in der Aufgabe, die anderen in ihrer Besonderheit aufleuchten zu lassen.
Das ist zerbrechlich und jeden Abend neu. Julie Paucker